Barbara Maahs fand nach einem mutigen Bruch mit ihrem alten Leben zur Kunst und zu ihrer wahren Bestimmung. Mit klaren Formen und leuchtenden Farben schafft sie konkrete Kunst, die Fragen nach Selbstbestimmung, Wahrheit und Wandel aufwirft.

Verfasst von

Redaktion

Wann wussten Sie, dass Sie Künstler werden wollen?

Ich habe lange gebraucht, um zu erkennen, dass ich eigentlich immer Künstlerin war – auch wenn ich es nicht so genannt habe. Als technische Zeichnerin und später als Architektin war ich fasziniert vom Entwurf, von der Ästhetik, von den kreativen Möglichkeiten. Doch je technischer und normierter mein Arbeitsalltag wurde, desto mehr entfernte ich mich von dem, was mich wirklich erfüllt. Dann kam eine Krankheit – und mit ihr ein Bruch. Ich wollte mit Design nichts mehr zu tun haben, arbeitete in einem rein technischen Bereich. Ich funktionierte nur, aber ich lebte nicht mehr. Und genau in dieser Leere brach sich plötzlich ein Wunsch Bahn, der lange in mir geschlummert hatte: Ich wollte malen. Nicht planen, nicht konstruieren – sondern frei gestalten. Das war kein rationaler Entschluss, sondern ein innerer Aufbruch. Ich wusste: Wenn ich wieder leben will, muss ich Kunst machen. Seitdem male ich – und bin endlich ganz bei mir.

"Ich stelle mir eine Welt vor, in der alle Menschen ihren eigenen Rhythmus leben, mutig neue Wege beschreiten und sich nicht von Konventionen einengen lassen."


Welcher ist Ihr noch lebender, Lieblingskünstler?

Meine Lieblingskünstlerin ist Yayoi Kusama. Ich bewundere sie zutiefst – nicht nur wegen ihrer einzigartigen Bildsprache, sondern vor allem wegen ihres unbeirrbaren Lebenswegs. Trotz psychischer Erkrankung, gesellschaftlicher Ablehnung und persönlicher Traumata hat sie nie aufgehört, sich durch Kunst auszudrücken. Ihre Polka Dots, ihre Infinity Nets, ihre performativen Happenings – all das ist Ausdruck einer inneren Welt, die sie nie versteckt, sondern radikal sichtbar gemacht hat. Kusama hat früh gelernt, dass Kunst nicht nur Gestaltung ist, sondern Überleben. Das berührt mich sehr, denn auch ich habe nach einer schweren Zeit den Weg zur Kunst als eine Form der Rückkehr zu mir selbst erlebt. Ihre Offenheit im Umgang mit psychischen Herausforderungen, ihre kompromisslose Haltung gegenüber Konventionen und ihre Fähigkeit, Schmerz in Schönheit zu verwandeln – all das inspiriert mich. Kusama zeigt, dass Kunst nicht angepasst sein muss, sondern ehrlich. Und dass man auch dann Künstlerin sein kann, wenn die Welt einen nicht versteht.

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit beim Betrachter hervorrufen?

Mit meiner Kunst möchte ich beim Betrachter einen Moment der Irritation und zugleich der Intuition auslösen – einen Impuls, innezuhalten und sich selbst zu hinterfragen. Meine Werke erzählen vom inneren Wachstum, von der Kraft, sich selbst neu zu entdecken und alte Muster zu durchbrechen Selbstbestimmung, Empathie und Humor sind für mich sehr wichtig und genau das spiegelt sich in meinen Arbeiten wider. Ich liebe es, mit Kontrasten zu spielen, mit Farben, Formen und Bedeutungen, die nicht sofort greifbar sind. Meine Kunst soll nicht belehren, sondern berühren. Sie darf Spaß machen, darf provozieren, darf auch mal absurd sein – solange sie ehrlich ist. Wenn ein Mensch vor einem meiner Werke steht und sich fragt: „Was sehe ich hier – und was sehe ich in mir?“, dann habe ich mein Ziel erreicht.

Tag am Meer - 80 x 80 cm, aus der Serie "Plura di Mari"

Was ist die interessanteste Interpretation, die Sie von Ihrer Arbeit gehört haben?

Das Spannendste an meiner Arbeit ist, wie unterschiedlich sie wahrgenommen wird. Jeder Mensch bringt seine eigene Geschichte, seine eigenen Gefühle mit – und genau das spiegelt sich in der Interpretation meiner Bilder wider. Ich liebe es, wenn meine Kunst nicht eindeutig ist, sondern Raum lässt für eigene Gedanken und Emotionen. Die schönste Interpretation, die ich bisher gehört habe, war zu meinem Bild „Get together“. Eine Betrachterin sah darin ihre Kernfamilie – ganz konkret. Sie war so berührt, dass sie das Bild sofort kaufte. Für mich war das ein magischer Moment: zu sehen, wie etwas, das aus meinem Inneren kommt, im Inneren eines anderen Menschen etwas zum Klingen bringt. Solche Begegnungen machen für mich den wahren Wert von Kunst aus. Nicht die Deutungshoheit, sondern die Resonanz.

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration für Ihre Arbeiten?

Meine Inspiration erwächst aus dem täglichen Zusammenspiel zwischen Menschen – aus ihren Begegnungen, ihren Emotionen, ihren inneren Bewegungen. Mich faszinieren nicht nur die harmonischen Momente, sondern gerade auch die Reibungen, die Missverständnisse, die Brüche. Denn oft liegt genau dort etwas Echtes, etwas Bewegendes. Auch meine Katzen spielen als Musen eine besondere Rolle. Sie sind radikal ehrlich, intuitiv und frei – Eigenschaften, die ich in meiner Kunst suche und schätze. Ihre Präsenz erinnert mich daran, authentisch zu bleiben und dem Moment zu vertrauen. Meine Werke entstehen aus dem Versuch, diese emotionalen Zwischenräume zu greifen – nicht als Abbild der äußeren Realität, sondern als Ausdruck innerer Wahrheiten. Ich möchte das sichtbar machen, was man nicht immer sieht, aber oft tief in sich spürt.

Anders als man denkt … - 80 x 80 cm, aus der Serie "Back to the Essantials"

Was ist das Beste daran Künstler zu sein?

Das Schönste daran, Künstlerin zu sein, ist für mich die Möglichkeit, meine Stimme auf meine ganz eigene Weise hörbar zu machen. Ich habe einen Ausdruck gefunden, der zu mir passt – nicht über Worte, sondern über Bilder. In der bildhaften Sprache kann ich Gedanken, Gefühle und Fragen sichtbar machen, die sich oft schwer in Worte fassen lassen. Es ist mein Weg, mit der Welt zu kommunizieren.

Können Sie Ihre Techniken und Ihren künstlerischen Schaffensprozess beschreiben?

Ich arbeite mit Acryl auf Leinwand – doch für mich ist das Material nur die stille Bühne, auf der sich meine Gedanken entfalten. Im Zentrum stehen Farbe und Form: ihre Spannungen, ihre Annäherungen, ihr Tanz miteinander. Es ist dieses feine Gleichgewicht, das meine Werke lebendig macht. Wenn Farben sich berühren, Formen sich begegnen, entsteht etwas, das über das Sichtbare hinausgeht – ein Ausdruck, der nicht an das Materielle gebunden ist, sondern aus der Tiefe kommt.

Die weiße Katze - Sprung ins Neue - 80 x 80 cm, aus der Serie" The Cat - Source of Inspiration

Was war Ihr überraschendster Moment ihrer bisherigen Kunstkarriere?

Überraschungen in meiner künstlerischen Laufbahn kamen oft leise – nicht als große Ereignisse, sondern als kleine, berührende Momente. Besonders bewegt hat mich, als jemand vor einem meiner Bilder stand und sagte: „Endlich mal eine Reduktion auf das Wesentliche. Wie klar und doch berührend.“ Das war für mich unerwartet und tief berührend. Denn genau darum geht es mir: nicht nur etwas zu zeigen, sondern etwas in anderen zum Schwingen zu bringen.Solche Begegnungen sind für mich die eigentlichen Überraschungen – sie zeigen mir, dass Kunst Brücken bauen kann, auch ohne Worte.

Welche Anschauung haben Sie auf unsere Welt und ihre Gesellschaft?

Ich sehe unsere Welt als einen Ort voller Möglichkeiten, aber auch voller Begrenzungen – viele davon selbst gemacht. Mit meiner Kunst möchte ich Denkräume öffnen. Ich möchte die Betrachter dazu einladen, gewohnte Perspektiven zu hinterfragen, neue Wege zu denken und sich nicht von gesellschaftlichen Normen einengen zu lassen. Für mich ist Kunst ein Impulsgeber – sie kann irritieren, berühren, inspirieren. Und genau darin liegt ihre Kraft: Sie muss nicht belehren, aber sie darf bewegen.

Welcher Aspekt des kreativen Prozesses gefällt Ihnen am besten?

Am meisten liebe ich den Moment, in dem eine Idee Form annimmt – wenn aus einem inneren Bild langsam etwas Sichtbares entsteht. Der Entwurfsprozess ist für mich wie ein leiser Dialog mit dem Unausgesprochenen. Und wenn sich diese Vorstellung dann auf der Leinwand materialisiert, ist das jedes Mal ein kleines Wunder. Es fasziniert mich, wie Gedanken, Emotionen und Intuition sich in Farbe und Form verwandeln – und plötzlich steht etwas vor mir, das vorher nur in mir war.

Was sind Ihre nächsten Projekte, Ideen und Ausstellungen. Wo kann man Sie und Ihre Kunst zeitnah sehen?

Aktuell sind meine Arbeiten in einem besonderen Rahmen zu sehen – in einem 5-Sterne-Hotel in Hamburg, wo Kunst und Gastlichkeit aufeinandertreffen. Die Ausstellung dort bietet einen ruhigen, stilvollen Raum für Begegnung und Reflexion. Darüber hinaus stehen mehrere Ausstellungen an: Ende dieses Jahres und Anfang 2026 werde ich an verschiedenen Projekten teilnehmen, die neue Facetten meiner Arbeit zeigen. Einige davon sind bereits in Planung mit Galerien NRW und in Hamburg.

Photos by: Baroquine Photography, Katrin Arfmann

Weitere Informationen und verfügbare Werke unter:

www.barbaramaahs.com

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