Interview mit Baldur Galoor
Von dunklen Tiefen zu leuchtenden Höhen: Wie Baldur Galoor die Schatten seines Lebens nutzte, um Kunstwerke zu schaffen, die die Seele erschüttern und zu tiefer Selbstreflexion anregen.

Verfasst von

Redaktion

Wann wussten Sie, dass Sie Künstler werden wollen?

Meine künstlerische Ader und mein Talent zeigten sich schon früh, seit ich klein war. Ich hatte schon als kleiner Bub den Drang zum Zeichnen und ließ die übernatürlichen Dinge, die ich sah, auf das Papier fließen. Über die Jahre hinweg habe ich diese Gaben aber nicht gepflegt, weil ich das Gefühl hatte nichts sagen zu können. Keine Inhalte zu haben. Ich hatte über sieben Jahre lang eigentlich fast nie einen Bleistift in der Hand. Der richtige Durchbruch kam 2020 mit Anfang 30, nach einigen persönlichen Krisen, in denen sich eine neue künstlerische Vision formen konnte. Ich brauchte die Schattenseiten, um die hellen Seiten im Leben zu erkennen. Von da an fand ich zurück zu mir und fing das erste Mal an wirklich zu malen. Das positive Feedback aus dem Umkreis und die Anerkennung durch die professionelle Künstlerschaft kam schnell. Das war der Punkt, an dem ich mich entschloss, meinen Weg als Künstler vollends zu gehen.

"Fantastische Kunst muss nicht erklärt werden. Sie erschüttert einen bis ins Mark, wenn man nur in ihrer Gegenwart ist."

Fotografie: Alexandra Specker

Welcher ist Ihr, noch lebender, Lieblingskünstler?

Das sind vor allem Jonas Burgert, Peter Doig oder Ruprecht von Kaufmann. Ich kann mich nicht auf einen festlegen. So, wie ich auch verschiedenste Stilarten mische, so inspirieren mich Künstler, die vor allem technische Fertigkeit, figurative Malerei und ein surrealistisches, metaphysisches Element vereinen, und sich nicht richtig auf einen Stil festlegen lassen.


Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit beim Betrachter hervorrufen?

Meine ureigene Malerei „Nova Creatura“ ruft einen viszeralen Effekt hervor – ein Gefühlscocktail, aus dem tiefsten Inneren kommend, der einen völlig überwältigt. Diese Palette an Emotionen, wie Begeisterung, Unbehagen, Freude oder Stolz, meldet sich kraftvoll aus den geheimsten Winkeln unserer Seele. Da man nicht genau weiß, was man da fühlt, was einen da aus der Tiefe bewegt oder erschüttert, will man entweder wegschauen, oder ganz genau hinschauen. Aber nichts dazwischen. Mit meiner Malerei kombiniere ich hierfür Stile, Motive und Farben, die den Betrachter in eine nie gesehene surreale Welt der eigenen Wahrnehmung entführen, in der er sich frei machen kann von Zwängen und Ängsten. Hierzu wird er in meiner Malerei mit seinen verdrängten Seiten konfrontiert, kann diese als Teil seiner Existenz akzeptieren, die Reichhaltigkeit des Lebens neu erkennen und das Element der unvergänglichen Hoffnung sowie ein neues Gefühl der Freiheit und Würde – ja Göttlichkeit – in sich selbst entdecken.

"Reborn" (170 x 250)

Was ist die interessanteste Interpretation, die Sie von Ihrer Arbeit gehört haben?

Die Resonanz auf meine Arbeiten ist immer sehr stark. Jemand sagte mal, dass meine Kunstwerke wirklich etwas „nie Gesehenes“ sind. Das fand ich wunderbar, weil das ja heutzutage in der Malerei wirklich unglaublich schwierig geworden ist.  


Woher nehmen Sie Ihre Inspiration für Ihre Arbeiten?

Inspiration kommt bei mir aus den unterschiedlichsten Quellen. Vor allem Träume regen mich sehr stark an. Dabei kommen meine Ideen aber tatsächlich von überall her. Ich brauche eigentlich immer nur einen Funken, ein Wort oder Bild, das den kreativen Prozess bei mir in Gang setzt und mich nach einer tieferen Bedeutung des Gesagten oder Gesehenen für die gesamte Menschheit forschen lässt. Dies kann bei Gesprächen unseres philosophischen Zirkels sein, wenn ich eine Netflix-Dokumentation über das James Webb Space Telescope schaue oder wenn ich beim Wandern in den Weinbergen im Februar Moos sehe, der zu dieser Jahreszeit eine ungewöhnlich saftig grüne Farbe hat. Die intensiven Farben meiner Heimat Wachenheim an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz haben mich generell zutiefst geprägt. Von dem gelbgrünen Licht, dass durch die Trauben schimmert, über den goldenen Sand, der über die Feldwege weht, bis zum tiefen Violett der Gewächse zwischen den Weinbergen, die man dort auch Wingerte nennt.

"Franz Baader sagte: Cogitor, ergo sum. Lateinisch für: "Ich werde vom Absoluten gedacht, also bin ich." — Wer denkt dich?"


Fotografie: Alexandra Specker

Was ist das Beste daran Künstler zu sein?

Ich liebe es, wenn eine Idee auf der Leinwand plötzlich auf unerwartete, spannende Weise Realität wird. Wenn ich selbst überrascht werde, von dem, was da entsteht. Diese Magie ist für mich immer wieder da und ein unglaublich schöner Nervenkitzel.

Können Sie Ihre Techniken und Ihren künstlerischen Schaffensprozess beschreiben?

Sehr gerne. Aber alles werde ich nicht verraten. Manche Dinge bleiben mein wohlgehütetes Geheimnis (lacht). Meine eigene Technik „Nova Creatura“, was so viel heißt wie „die Neuschöpfung“ oder „der neue Mensch“ aus den Briefen des Apostels Paulus, kombiniert verschiedenste Malstile – technisch wie inhaltlich. Das ist bei mir vor allem der Surrealismus oder der Phantastische Realismus, Post-Impressionismus bis Expressionismus, barocke Elemente und durch meinen Hintergrund als Designer: Grafikdesign. Die Anklänge anderer Stilrichtungen lassen sich auch erkennen. Ich konzentriere mich auf eine neue Art der Malerei, die feinste und großzügige Pinselstriche vereint, figurative mit abstrakter Motivik verschmelzen lässt und symbolhafte Elemente aus verschiedensten Zeitepochen in einer unvergänglichen Sprache kombiniert. Inhaltliche wie visuelle Kontraste, dynamische Kompositionen und einprägsame Motive in Kombination mit surrealistischen Anklängen verleihen den Gemälden das Potenzial, international Wiedererkennbarkeit und Begehrlichkeit zu erlangen. Ich liebe zudem den Ausdruck von Gesichtern – von Menschen, wie auch Tieren. Sie sind für mich der Spiegel der Seele. Daher sind einzigartige Portraits, mit einem ganz bestimmten Ausdruck, auch von Tierwesen, ein wichtiger Teil meiner Arbeit, der sich in unterschiedlichsten Techniken widerspiegelt. Ich will eine existenzielle Malerei für existenzielle Themen kreieren. Etwas, dass uns alle zutiefst berührt und zeitlose Relevanz und unvergänglichen Wert schafft. Eine Essenz des Seins. Mein Schaffensprozess beginnt mit einer Idee, die ich durch einen Traum, oder eine andere Inspirationsquelle erhalte. In einer ersten, kleinen Bleistift- oder Buntstiftskizze halte ich meine Idee fest und entwickle erste Motivansätze. Das ist dann die Basis für die Proportionen des endgültigen Formats. Anschließend wird die große Leinwand angefertigt und es wird direkt, nach dem Grundieren, losgelegt mit dem Malen. Ich male klassisch in Ebenen von hinten nach vorne. Erst wird der Hintergrund – die Bühne – kreiert und dann werden alle Elemente in unzähligen Farbschichten übereinander gemalt. Der Prozess ist ein Mix zwischen akribischer Planung und spontaner Kreation. Dabei kann ein großes Format mehrere Monate Arbeit bedeuten. Wenn ich im Flow bin, male ich auch viele Stunden am Stück, ohne es zu merken. Manchmal ist es schwieriger und ich muss in einer Zwischenphase das weitere Vorgehen an einem Werk planen, bevor ich weitermalen kann. Das geschieht dann mithilfe von digitalen Skizzen, intensiver Recherche oder durch Skizzieren in meinem Sketchbook. Auf der Leinwand arbeite ich gerne auch mit Tapes oder sogar Magneten. Was ich damit aber genau mache, verrate ich nicht (lacht). Und irgendwann, nach sehr vielen Schichten, kommt die Finishing-Phase. Hier werden letzte Elemente, oft auch mit großzügigem Strich, aufgetragen und einiges übermalt oder geschärft. Ich spüre übrigens immer ganz genau, wann ein Werk fertig ist.


"The Leader" (200 x 220)

Was war Ihr überraschendster Moment ihrer bisherigen Kunstkarriere?

Als meine Gemälde neben Originalen der Künstlergrößen Elvira Bach und Arik Brauer hängen durften. Das war eine schöne Überraschung.


Welche Anschauung haben Sie auf unsere Welt und ihre Gesellschaft?

Ich glaube, dass wir alle göttliche Wesen sind und eine tiefe Würde in uns tragen. Das vergessen wir manchmal und verlieren uns in falschen Gedanken über uns selbst und über andere. Wenn wir die Kraft erkennen, die in uns liegt, können wir nicht nur eine tiefe Befreiung spüren, sondern auch die Würde in allen Menschen sehen und neue Hoffnung auf eine bessere Zukunft schöpfen. Das kann eine intime, persönliche Hoffnung sein. Wie die Hoffnung, die richtige Partnerin oder den richtigen Partner zu finden, Karriere zu machen oder auch in größerem Kontext den Umgang mit der eigenen Sterblichkeit zu lernen und die Hoffnung, dass auch nach dem Tod „alles gut wird“. Es gibt daher aus meiner Sicht auch nicht nur die Sichtweise „der Welt da draußen“, sondern auch die Sichtweise „der Welt in uns“, in der uns zwar aus psychologischer Sicht vieles vereint, aber in der jeder seine ganz eigenen Bedürfnisse und Wünsche hat. Es ist immer schön, wenn man diese Individualität frei leben kann, und sich traut dieses tiefste Innere anderen frei, ehrlich und wertschätzend mitzuteilen und hierdurch in einen positiven, tieferen Dialog treten kann. Dann entsteht durch Authentizität eine echte Verbindung und ich erkenne im Anderen mich selbst. Das macht unsere Welt empathischer, einfühlsamer. In meinen Kunstwerken offenbare ich meine innerste Welt und zeige mich mit all meinen vermeintlichen Schwächen, Stärken, offenbare meine Visionen und letztendlich meine pure Menschlichkeit, hinter der bei uns allen doch mehr steckt, als wir glauben. Meine Malweise ist eine Sprache, die man auf der ganzen Welt versteht. Deshalb erreiche ich auch international so viele Menschen und hoffe großartige Verbindungen kulturübergreifend herzustellen.

"Die Hoffnung stirbt nie. Ich sterbe. Du stirbst. Aber niemals die Hoffnung."

Fotografie: Alexandra Specker

Welcher Aspekt des kreativen Prozesses gefällt Ihnen am besten?

Der Moment, wo ich beim Schaffen deutlich spüre: Das wird richtig spektakulär!

Was sind Ihre nächsten Projekte, Ideen und Ausstellungen. Wo kann man Sie und Ihre Kunst zeitnah sehen?

In der nächsten Zeit werde ich mich einigen spannenden Ausstellungsprojekten widmen. Aktuell ist meine Kunst im nhow Hotel Berlin zu sehen, das von Karim Rashid gestylt wurde. Ebenso können meine Werke auf Anfrage in der wunderschönen Groß‘schen Villa in Rottweil mit privater Führung besichtigt werden. Das Unternehmen punkt.genau Personalberatung richtet diese Ausstellung aus. Kontaktieren Sie mich gerne: baldur@baldurgaloor.com

"Falling Towards The Light" (200 x 220)

Weiter Informationen zum Künstler finden Sie unter:

www.baldurgaloor.com

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